Tour Transalp 2024, 4. Etappe San Martino di Castrozza – San Zenone

VonMarco

Tour Transalp 2024, 4. Etappe San Martino di Castrozza – San Zenone

Mittwoch, die Königsetappe:

Die Beine fühlen sich morgens schon schwer und kraftlos an – gute Voraussetzungen, so wurde sie wenigstens tagsüber nicht noch schlechter.

Der Tag beginnt mit einer neutralisierten Bergabfahrt, also so ziemlich dem ekligsten Startprozedere. Positiv: Nachdem ich gestern den halben Tag Sitzprobleme hatte und für heute ein anderes Hosemodrll gewählt habe, fühlt sich der Poppes auf dem Sitzpolster recht wohl.

Nach 18bkm wird das Rennen freigegeben und mit dem Passo Gobbera folgt eine „kleine Fingerübung“ zum warm werden, Julia und Urs vorneweg, Dittmar sowieso.

Auf der Abfahrt lasse ich es ordentlich rollen und bin direkt zu Beginn des Anstiegs zum Passo Broncon wieder an beiden dran, dann beginnt das gleiche Spiel von vorn. Es ist im Anstieg schon muggelig warm, der Schweiß tropft und die Bordbar leert sich.

Ein Stück hinter der Passhöhe dann die erste Verpflegung, wo ich Julia und Urs wiedertreffe: Julia rollt schon in die Abfahrt, Urs und ich folgen.

Urs zieht die Abfahrt durch, während Julia und ich etwas langsamer gen Tal rollen. In Gemisch aus kupiertem Gelände und Flachstück kann ich mich noch als Windbreaker nützlich machen, ehe Julia dann mit mehr Souplesse in den 28 km langen Anstieg des Monte Grappa geht.

Es ist zwar sehr warm, aber zum Glück lange nicht solch ein Backofen wie 2012 und 2023. Ich leide trotzdem, aber die Mischung aus Erfahrung und gutem Körpergefühl (wieviel ist noch im Tank, wie doll oder wenig kann ich pacen) hilft mir, auch dieses eklige Monster zu überstehen.

Dank Runa gab es nicht nur unten eine Erfrischung, sondern auch als 4 km/100 HM vor der Verpflegung „trockenlief“ noch einen Getränkenachschlag.

Kurz vor der Verpflegung waren dann Urs und Julia wieder in Reichweite  – da war ich schon ein bisschen stolz auf mein Pacing.

Die restlichen 7 km/400 HM und die Abfahrt nahm Julia zuerst in Angriff,  dann für ich von der Verpflegung los, während Urs dort noch gemütlich saß – allerdings flog er wenige Minuten später schon an mir vorbei.

Gutes Pacing Teil 2: Genau zum Ende der ewig langen Abfahrt war ich wieder an Julia dran und unten im warmen Backofen der Ebene ging es über die letzten ekligen Wellen und gegen den Wind ins Ziel – just in Time zu Dittmars Ehrung für den dritten Platz des Tages (weiter Gesamtdritter).

Urs wurde Tages-Sechszehnter und verbesserte sich auf den 17. Gesamtplatz.

Julia und ich wurden hingehen nur 13. des Tages und tauschten den 11. Gegen den 12. Gesamtrang.

 

 

 

 

 

Etappe 4: Primiero/San Martino di Castrozza – San Zenone degli Ezzelini

Das ist die Königsetappe, die nichts für schwache Nerven ist. Erst darf man sich über amtliche Alpenpässe aus den Bergen herauswuchten. Und dann steht noch dieser fiese Monte Grappa im Weg. Doch er hält die Belohnung bereit: Den Hammer-Weitblick bis zum Meer.

Ab in den Süden! San Zenone degli Ezzelini, nahe bei Bassano del Grappa, liegt nur noch auf rund 100 Metern Höhe zu Füßen des Monte Grappa. Und nach diesem vierten Tag beschleicht einen das Gefühl, die Transalp bereits geschafft zu haben. Zur Adria sind es weniger als 100 leicht kupierte Kilometer, die Alpen liegen hinter einem. Und jeder, der diese Etappe bewältigt hat, bekommt bereits einen Vorgeschmack des Dolce Far Niente, des süßen Nichtuns im mediterranen Klima des südlichen Voralpenlandes. Aber nicht so schnell, das ist die Königsetappe, vor dem Nichtstun, wartet diese gewaltige Herausforderung. Vor dem Monte Grappa, der alleine bereits ein echter Brocken ist, stellen sich nämlich mit dem Passo Gobbera und dem Passo Brocon zwei Transalp-Pässe in den Weg, die erst einmal im Rahmen der Transalp bewältigt wurden. Das war 2014 und jetzt, zum 10. Jubiläum ihrer Transalp-Premiere, dürfen sie nochmal ran.

Der Gobbera führt hinüber ins Valle de Vanoi und besteigt mit einer kurzen Abfahrt die erste Stufe auf dem Weg zum Passo Brocon. Hier kann man kurz verschnaufen, bevor sich fast 900 Höhenmeter Pass-Straße vor einen stellen. Vom Pass rollt man zügig hinab nach Castello Tesino und schlägt sich auf Seitenstraßen durch abgelegene Bergdörfer durch bis zur Hauptstraße in der Schlucht des Flusses Cimon, die sich bald bei Fonzaso in eine weitläufige Ebene öffnet. Und die auch gleich den Blick zum bewaldeten Rücken des Monte Grappa freigibt. Die nordseitige Auffahrt führt auf weiten Teilen im Wald – sehr angenehm bei Sommerhitze – in Richtung des Cima Grappa, des Gipfels der mit einem mächtigen Denkmal für die Opfer des ersten Weltkrieg gekrönt ist.

Angekommen an der Südflanke, nach einer 1500-Höhenmeter-Kletterpartie, bietet sich bei klarer Luft ein Blick bis zur Adria, wenn er nicht von Schwärmen von Paraglidern versperrt wird, die diesen Südhang längst für sich entdeckt haben. Die Abfahrt hinab nach Semonzo ist ein kurviger Hochgenuss, der den konzentrierten Blick auf die Straße erfordert. Aber hie und da auch Zeit bietet, den einzigartigen Weitblick zu genießen. In Semonzo am Fuße des Monte Grappa angekommen, fehlen nur noch acht leicht kupierte Kilometer in den für diese Gegend typischen Hügeln, bis diese Anspruchsvolle Etappe in San Zenone geschafft ist.

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Marco editor