Bericht aus der Hobby-Klasse: Stevens Cyclocross Cup 2023/24, 8. Lauf: Neu Duvenstedt

VonMarco

Bericht aus der Hobby-Klasse: Stevens Cyclocross Cup 2023/24, 8. Lauf: Neu Duvenstedt

Krisengewinner (Deutsch), Substantiv, f
Kri·sen·ge·win·ner
[ˈkʁiːzn̩ɡəˌvɪnɐ]

 

Dieser Renntag läuft wohl unter der Überschrift „Krisengewinner“ und startete schon erstmal gar nicht so gut:

Anreisen musste ich allein, da sich Jörg unter der Woche mit einem kleinen, aber wohlbekannten Virus ins Bett gelegt hat. Aber immerhin hörte nach der Kanalüberquerung der Regen auf und sogar ein klein bisschen Sonnenschein blintzelte zaghaft durch die Wolken hindurch.

Die letzten Jahre war ich ja immer des Lobes voll zur Neu Duvenstedter Strecke:

„Ich liebe diesen Kurs. Außer Treppenlaufen (dafür Treppenfahren) und Sand ist hier alles aufgeboten, man muss technisch und konditionell auf der Höhe sein…“

Dieses Mal haben sich leichte atmosphärische Störungen in diese Liebesbeziehung eingeschlichen. Das lag nur zum Teil an der leichten Streckenänderung bzw. –erweiterung (es gab eben noch einige Meter mehr über schlecht rollende Wiese, siehe roter Teil in der Karte),

aber der Boden war eben speziell im oberen Wiesenteil nach meinem Gefühl ein „Pattex-Untergrund“: Kein Dahinrollen, eher klebrig, als würde man hinten am Trikot festgehalten. Mir schwante schon bei der Streckenbesichtigung, dass das heute wieder ein Kräfteraubbau werden würde und dass da wahrscheinlich ein paar Leute am Start sind, die in dem Punkt mehr zu bieten haben werden als ich.

Im eher technischen „Wald-Teil“ (in der Ecke „Bornbarg – Trekking-Platz“) war der Parcours partiell verändert, ließ sich aber eher leichter fahren als im vergangenen Jahr – ein, zwei Ecken an denen es im letzten Jahr ein böses Gestochere war, gingen dieses Mal recht flüssig von der Hand. Besonderes Schmankerls im Verlaufe unseres Hobby-Ü50-Rennens war die Mega-Stimmung und Anfeuerung an der letzten Waldkehre durch Sonja, Silke, Knelly & Co. – ich würde sagen: Vorstufe zu einem belgischen Hexenkessel. 🙂

Also auf ins Gefecht, mein Krisengewinn Nummer 1: Da Jörg als Gesamtführender fehlte, kam ich zu der (für mich) besonderen Ehre, als Allererster zur Startaufstellung aufgerufen zu werden. Okay, dafür kann man sich niCX für kaufen, es ist aber schon ein leicht erhebendes Gefühl.

Im Laufe der Saison hatten Jörg und ich ja schon einige Male als CTH-Duo den Launch am besten hingelegt – dieses Mal sind die beiden Kieler RV-Jungs am besten aus den Startblöcken gekommen:
Ganz vorn Hinnerk, dahinter war Kay richtig gut gestartet. Etwa auf der Hälfte der Startgeraden schob ich mich dann aber an ihm vorbei und direkt an Hinnerks Hinterrad. Nach der ersten Linkskurve zischte dann aber schon Klaus an mir und kurz darauf an Hinnerk vorbei und gleich auf der zweiten Wiesengerade setzte sich auch noch Luigi vor mich.

Aber wie das so ist, nimmt Luigi ja doch gern mal eine Bodenprobe: Nach der Rechtskurve um den Baum war es in der folgenden Linkskurve so weit – Klatsch lag er formatfüllend im Weg und dass ich noch drum herum kam anstatt sein Rad in den weichen Boden einzumassieren war wohl die fahrtechnische Glanztat des Tages. Also konnte ich vorübergehend wieder auf den letzten freien Podiumsplatz vorfahren.

Durch die Schräghangsenke, über die Hürden und dann hinein in das Schräghang-Geschlängel: Das war hier im Wiesenbereich mein Parade-Abschnitt, in dem ich mir Runde für Runde etwas Luft verschaffen konnte.

Aber wo man runter rollt, muss man ja auch mühevoll wieder hoch: Die Wiederauffahrt kostete immer viel Kraft, dann folgte die nächste Down- und Uphill-Passage und hier zog Luigi schon wieder vorbei.

Über die Hoppel-Hürden, die Treppen hinauf und ins Wäldchen und am Schaukelgerüst vorbei hatte ich ihn noch im Visir und an der Baumwurzel der steilen Aufwärtsrampe kam dann auch ein Strauchler – nicht nur von Luigi, sondern direkt dahinter auch von mir. Als es dann wieder auf die Start-Ziel-Gerade ging, zog er dann allerdings nach und nach auf und davon.

Ich glaube es war schon im Verlauf der 2. Runde, als mir Tim (immerhin 4. des sehr schnellen Rennens in Hannover) oben auf der Wiese an den Fersen klebte. Hinunter an der Wechselzone vorbei und die halbe Runde im Wald konnte ich ihn dank sicherer Linienführung noch hinter mir halten, aber ihr ahnt es schon: Die Start-Ziel-Gerade … überholen … und gleich eine ordentliche Distanz herausfahren.

Die nächste Ernüchterung kam dann bei der folgenden Zieldurchfahrt:
Wegen des verlängerten Kurses hatte ich ja darauf spekuliert, dass es eventuell eine Runde weniger zu fahren sei als im Vorjahr – aber diese Hoffnung zerplatzte beim Blick auf die ausgehängte „3“. Also noch 3 Runden zu fahren und ich war schon fiCX und fertig – im Nachhinein sollte es sich aber für mich als Segen erweisen, Stichwort „Krisengewinner“.

Zunächst aber schwenkte das Pendel noch in die entgegengesetzte Richtung: Von dem nicht allzu weit hinter mir fahrenden 3er Pack hatte sich Sven herangepirscht. Same procedure: Überholen und davon fahren, nur noch Platz 6.

Und es ging weiter: Als es im vorletzten Umlauf auf die Hürden zuging, waren Gerrit und Kay ganz dicht an mir dran.
Also wieder zügig und hochkonzentriert durch das Schräghang-Geschlängel, wieder hinaufwürgen und die beiden folgenden Abfahrten mal so richtig laufen lassen – das verschaffte mir wieder etwas Luft. Meine Hoffnung war jetzt, dass die beiden sich gegenseitig im Kampf um die Position beschäftigen und ich mich über die letzte Runde retten kann.

Also nach der Glocke noch einmal auf der Startgeraden die letzten Kraftreserven mobilisieren, um möglichst mit gutem Vorsprung in die letzte Wiesendurchfahrt zu gehen – das klappte, nach hinten war die Lücke wieder sichtbar größer geworden. Jetzt überall möglichst sauber fahren, bergab laufen lassen und bergauf drücken – das tat weh, aber es funktionierte. Dann in der letzten Waldpassage tauchte Sven wieder vor mir auf: Der hatte am Vorderrad einen Plattfuß und musste sein Rad durch die Kurven schieben – Krisengewinn Nummer 2: Mit (ehrlich gemeinten!) Worten des Bedauerns an ihm vorbei und ab ins Ziel.


Kleiner Jubel darüber, dass es endlich vorbei ist.

Dort angekommen und durchgeschnauft gab es auch noch richtig was zu sehen: Gerrit und Kay bogen Rad an Rad auf die kurze Zielgerade ein und setzten zum Sprint an. Gerrit kam mit einem Fuß jedoch nicht ins Pedal und so gelang es „Zielstrich-Orkan“ Kay noch, innerhalb des letzten Meters sein Vorderrad vorbei zu schieben – welch eine Action!

Und so sah dann das Podium des Tages aus:

Von meinem Krisengewinn Nummer 3 erfuhr ich erst, als ich abends völlig platt auf dem Sofa lag und mir die (in dieser Saison wirklich superschnell erscheinenden!) Ergebnislisten anschaute:
An sich war ich fest der Annahme, als 5. ins Ziel gekommen zu sein, aber irgendwann und irgendwo muss auch Tim die Defekthexe ereilt haben, denn er war nur auf Platz 13. gewertet – also ist es bei mir sogar noch der 4. Platz geworden.


Mike liefert den krisenbehafteten Fotobeweis.

Des einen Leid, des anderen Freud: Klar, kein Grund in Jubelstürme auszubrechen, dafür war meine Leistung zu überschaubar. Aber die Punkte nehme ich gerne mit und klammere mich so lange es geht an den 2. Platz im Gesamtklassement. Der wird zwar früher oder später an Hinnerk und Klaus verloren gehen (allerspätestens, wenn am Saisonende die 2 Streichergebnisse verrechnet werden), aber so lange sieht es zumindest sehr schön aus, so weit oben zu stehen und das genieße ich, so lange es eben geht.

Jetzt bin ich erst einmal heilfroh, dass es mit dem Stevens-Cup erst in 4 Wochen weiter geht – da hat der Körper ein bisschen Zeit, sich mal wieder zu erholen. Nächstes Wochenende als ganz frei, dann mit der LV-Meisterschaft in Bremen ein kleines Rennen zum „Warmhalten“, dann als Zuschauer und/oder Helfer die Masters-Weltmeisterschaft in Hamburg und erst dann geht es wieder so richtig zur Sache mit dem Nikolaus-Cross am Butterberg.

Bilder von Michael Richter (aka Mike667, https://helmuts-fahrrad-seiten.de/2023/11/14/stevens-ccc-neu-duvenstedt-12-11-2023/ )

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